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Ein Kabeljau und die Speisung der Sieben

Apr 7 , 2009

Trockenfisch auf der Halbinsel Vatnsnes

Am Samstag den 4. April schien die Sonne, das Meer lag glatt und grün, und einige Kutterchen schaukelten sanft im Fjord. Abends bot Jón Óskar mir drei Kabeljaus an, die ich mit Freuden entgegennahm. Sie waren ausgenommen, die Köpfe waren noch dran, besser kanns nicht sein. Den größten wollte ich gleich verspeisen. Alle drei Köpfe wanderten in einen Topf und wurden mit Lorbeerblättern, Pfefferkörnern, Meersalz und einem Schuß Weißwein gekocht. Dann auseinandergepflückt und je nach Bestandteil in Töpfchen und Kröpfchen sortiert: Bäckchen ins Kröpfchen, andere Weichteile ins Töpfchen der beiden Katzen, und die Knochen bzw. Knorpel wanderten hinters Haus für das Rabenpaar, das täglich vorbeischaut. Aus dem Sud wird eine Suppe entstehen. Der Fisch selbst wurde im Ofen gebacken und hatte unerreichte Qualität. Bei einem solchen Fisch riecht das Haus nach Haus und nicht nach Fisch.

Dass die Bäckchen am Fisch das Feinste sind, lernte ich von Onkel Karl, der leider kürzlich verstorben ist. Damals leitete er den Domnapf in Speyer und servierte Saibling. Von ihm stammt auch mein Hering, der kein Fisch ist, sondern eine Gedächtnisstütze für Köche, eine Art Vademecum. In Stichworten werden die Zutaten atemberaubend vieler Rezepte geschildert, Mengenangaben fehlen; ein guter Koch hat die Verhältnisse im Kopf. Im Hering (Verfasser: Richard Hering) ist zu erfahren, dass Kabeljau auf 49 klassische Weisen zubereitet werden kann; die ganzen Fusionskünste außen vor gelassen. Noch habe ich zwei Fische übrig, mit denen ich das eine oder andere ausprobieren kann.

Außer den Raben labte sich auch ein streunender Kater an den Fischresten hinterm Haus. Mit Jóhann und mir waren es also sieben, die sich an einem einzigen Fjordkabeljau erfreuten. Wahrscheinlich sogar acht, den Angler eingeschlossen.

Nochmal zu den Köpfen. Þorskhaus, Kabeljaukopf, wird jemand genannt, der nicht viel im Kopf hat. Am Kabeljaukopf, so wie er aus dem Meer kommt, tragen nicht nur Augen, Maul und Kiemen Namen; für die diversen Knochen und Knochenplättchen gibt es 19 diverse Bezeichnungen, wie z.b. Rabenkamm oder Altweibernadeln, Quer- und Nasenbein, Schild und Pflugbein. Einige Knochennamen haben je nach Region 6-8 Synonyme. Auch beim Kabeljaukopf sind die Bäckchen eine Spezialität, die kinnar genannt wird. Getrocknete Kabeljauköpfe galten früher als ideale Reisekost oder Snack. Heute werden sie fast ausnahmslos exportiert.

Und zwei Tage später stellt sich heraus, dass ich mit den Kabeljauköpfen ganz falsch verfahren bin, ich AULI (Dummkopf; was aber auch Riesenkabeljau heisst). Vor dem Kochen soll die Leber des Fisches (die er nicht hat, sondern es ist die „Milch“ des männlichen Fisches) in den Kopf gelegt und das Maul geschlossen werden, dann gehts ab in den Topf, und nach angemessenem Sieden ist die Delikatesse fertig. Beilagen braucht es nicht, habe ich aus zuverlässiger Quelle.

Kein Kabeljau, sondern Steinbeisser
 Kabeljau unten, Steinbeisser oben

Ein Kommentar zu “Ein Kabeljau und die Speisung der Sieben”

  1. Roemling

    Guten Abend,

    das klingt nicht nur gut – es „isst“ gut – ich hoffe
    Sie können Ihren Ort (noch)genießen –

    Grüße aus Berlin
    Uwe

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