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Lammkeulen für den Töpferkurs

Apr 15 , 2009

Von Gudrun M. H. Kloes in Ungewöhnlich essen
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Die Tageszeitung Morgunblaðið berichtete am 22. Dezember 2006 von der jährlichen Adventsfeier der Dozenten, Mitarbeiter und anderer Beteiligter der Kunstschule in Reykjavík. Das Besondere dieser Feier war die Zubereitung einiger Lammkeulen im Keramikofen der Schule.

Lamm ohne Umstände - Franzosen grillen in Hveravellir

Lamm ohne Umstände - Franzosen grillen in Hveravellir

 

 

Um Samstags feierlich essen zu können, ist eine Menge Arbeit erforderlich. Schlieβlich soll es zweierlei Lammkeulen geben: In offenen Keramikformen gebratene, die bereits Mittwochs mariniert werden sollen. Kräuterlammkeulen in geschlossenen Keramikformen kommen erst später dran.

Es versteht sich von selbst, daβ die Keramikformen vor Ort von den Küchenelfen und –trollen der Kunstschule getöpfert wurden.

Hier handelt es sich also um eine spannende Verquickung von Töpfer- und Kochkurs …

Mengenangaben richten sich nach dem Umfang des Festes, das ihr halten wollt, und den Erfahrungen der Gastgeber. Weniger als zwei Keulen, eine von jeder Art, sollten es aber nicht sein. 

 

Die zu marinierenden Keulen werden Mittwochs eingelegt (Rezept der Marinade nach Gustus), und Donnerstags mit bootsförmigem, oben offenen  Backpapier umhüllt, damit der Saft nicht in die Tonform tröpfelt. Drumherum fügt sich eine ebenfalls oben offene Schicht aus grobem Töpferton (mit der Kuchenrolle auf ca. 1 cm. ausgewalzt). Die Form kann nach Belieben verziert und sogar farbig glasiert werden!

Bis zum Festtag ruhen die Keulen in den offenen Formen im Kühlen.

Keulen mit Kräutern dagegen werden am Tag vor dem Fest in Backpapier gewickelt und ganz mit Ton umhüllt. Bei der Gestaltung des Tones sind auch hier der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

 

Nun werden die so verpackten Tonkeulen mehrmals mit einer Gabel angepiekst, daβ beim späteren Braten Feuchtigkeit entweichen kann. Bis zum nächsten Tag bleibt die Herrlichkeit bei Zimmertemperatur stehen, damit der Ton von auβen trocknet.

Wichtiges Utensil sind Garzeitmesser, die durch die Tonformen in jede Keule gesteckt werden.

Am Festtag selbst wandern die Tonformen mit ihrem feinen Inhalt in den Keramikofen. Zunächst wird die Temperatur niedrig gehalten, um den Ton zu trocknen, danach wird auf 160°C hochgeschaltet.

Wie es in dem Artikel von Morgunblaðið ehrlicherweise heiβt, sind Keramiköfen nicht die besten Backöfen der Welt … doch die Garzeitmesser gleichen das in etwa aus, und eine isländische Lammkeule können eigentlich nur ausgemachte Stümper wirklich verderben!

Genaue Garzeiten werden nicht angegeben. Es gehört zu dem Festessen, zusammen zu sitzen, die Beilagen gemeinsam zuzubereiten – beispielsweise diverse Salate aus Nudeln, Kartoffeln oder Gemüse – und sich auf das Essen zu freuen. Es spricht auch nichts dagegen, wähend der Wartezeit mit Ton zu wirtschaften und den Keramikofen nach dem Festessen mit selbst getöpferten Kleinigkeiten zu beschicken.

 

Eine besondere Gaudi ist das Zerbrechen der Tonformen – das ist ungleich abwechslungsreicher als das schlichte Öffnen eines Römertopfes. Und ein gewisses Restrisiko hält die Mannschaft in Atem, denn wer kann sich schon ausmalen, wie dieses Abenteuer munden wird?

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