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Spätsommermelancholie

Aug 9 , 2012

Von Gudrun M. H. Kloes in Allgemeines
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Es gibt sie noch, die isländischen Schotterlandstrassen, gesäumt von hüfthohem, blühendem Gras und hinsinkenden Zaunpfosten. Sie sind von der Spätsommersonne golden durchglüht, und aus dem Gras stieben Scharen von Wiesenpiepern auf. Sie üben gefahrvolle Momente für den langen Flug über den Atlantik, indem sie flatternd und blitzschnell agierend vor dem Auto spielen und es scheinbar von der Piste abbringen wollen. Vanitas! In Wirklichkeit wird alles ganz anders sein … ein Falke wird herunterstoßen, oder der gnadenlose Herbststurm wird die fröhlich schwirrenden Winzlinge schlimmstenfalls verwehen, ehe sie zum Ziel gelangen. Diese menschliche Erkenntnis stimmt wehmütig. Der Sommer neigt sich wie die Zaunpfosten. Selbst der mutmaßliche Eisbär von neulich war nichts anderes als Trug; es handelte sich wohl um ein anderes Tier. Die Festivals der hellen Nächte sind fast alle durchstanden, bis auf den Großen Fischtag in Dalvík, die Kulturnacht sowie den Festzug sexueller und emotionaler Zugehörigkeit, beide in Reykjavík, bunt und prall.

Man denkt an das Vergebliche und an die Kunst zu überleben. Vom ältesten Tier der Welt, einer isländischen Arctica Muschel mit 405 plus oder minus Jahren ist nichts zu lernen, wir sind keine Mollusca, sondern leben an Land. Wen diese Erkenntnisse nicht in die Herbstdepression treibt, der/die kocht sich was Feines und überlässt die Jahreszeiten, die Gefahr und die sich neigenden Lebensjahre ihrer selbst. Immer ist Zeit für Luxus aus dem Garten (Erdbeeren und Feldsalat) oder aus der Natur (Heidelbeeren, Kräuter und Pilze).

Der Hafen in Hvammstangi ist voller Luxus: Makrelen tummeln sich im Meer. Beim Versuch eine zu angeln fischte ein fünfjähriger Bursche, ausgestattet mit Schwimmweste und simpler Rute, versehentlich einen Wildlachs, wollte ihn wieder aussetzen, weil er eben keine Makrele war … er wurde von anderen Freizeitanglern belehrt.

In Island haben Makrelen bisher vorzugsweise als Köder für andere Fische Tradition. Das mag sich mit dem vermehrten Makrelenaufkommen ändern, auch wenn es den Strandfischern an Rezepten für diesen Genussfisch fehlt. Etwas Gutes aus frisch gefischten Makrelen kann man in der Mikrowelle machen, indem man ein Glas Weißwein und zwei Zehen gepressten Knoblauches in eine Form gibt, die innen und außen gereinigten, gesalzenen und gepfefferten Makrelen mit Zitronensaft beträufelt und ihrerseits in die Form legt, das Ganze gart, was ungefähr 8 Min. dauert, und dann reichlich mit gehackter Petersilie bestreut. Oder man nimmt Dosentomaten und zerkleinert sie, verrührt sie dann mit Tomatenmark, Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker zu einer dickflüssigen Soße, reinigt die Makrelen von innen und außen, schneidet eine Zwiebel äußerst fein und brät sie in gutem Öl an; beträufelt die Makrelen (3-4 Stück, je nach Petri-Heil) mit Zitronensaft, legt sie in eine Form, gibt Zwiebeln und Tomatenpampe dazu und lässt alles bei 150°C im Ofen garen. Reis passt zu beiden Variationen, doch besser sind frisch ausgemachte Kartoffeln mit Feldsalat aus dem Garten. Beim Schmausen verzieht sich der dräuende Herbst in die hinterste Ecke des Fjordes …

Sommer in Hvammstangi

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