Kekse und Dill
Jan 31 , 2018
Sæmundur í sparifötunum – also Sæmundur im Festtagsgewand – ist eine Kekssorte, sandwichartig und mit Kreme gefüllt. Schmeckt wie Oreo, sieht aber nicht so sinister (im Sinne von evel looking) aus, sondern hell wie Bahlsen. Nein, umgekehrt, Oreo schmeckt wie Sæmundur, kremkex von Frón. Diese Sorte Kekse und viele andere, die es auch heute noch gibt, wurde einige Jahrzehnte lang dort hergestellt, wo sich heute das Kex Hostel befindet, mitten in Reykjavík, nicht weit von Harpa und am Meer.Dort gastierte ich an Weihnachten. Diesmal keine Hochlandeinsamkeit wie im Jahr zuvor in Landmannalaugar, sondern City und quirlige Touristen mit Rollkoffern, mit Föhn und Wasserkocher, einer Regallänge Kosmetika und Kuscheltierversammlung im Gepäck. Einige davon übernachten wie ich im Kex. Mancherorts im mehrstöckigen Hostel scheint es, als seien die Knetmaschinen, Fertigungszeilen und Backöfen gerade erst abtransportiert worden, doch das Kex gibt es schon seit Jahren. Die Beleuchtung im Treppenhaus ist für alternde Augen ausbaufähig, die Matratzen im 6-er Zimmer hingegen hervorragend. Und das Restaurant! Es nennt sich nach dem Keks im Festtagsgewand Sæmundur í sparifötunum und steht unter der Leitung vom Dill, dem einzigen Restaurant Islands mit Michelin-Stern. Während der Keks selbst erstmals vor Weihnachten 2017 verändert und in Richtung Spekulatius aufgefrischt wurde, ist das gleichnamige Restaurant/Bistro sich selber treu. Es bietet isländische Rohstoffe in elegantem Gewand, wie Lammbratwurst mit Kartoffelbrei (grob gestampft, hervorragend) und Estragonsenf. Brot des Hauses, luftig und knusprig. Oder Salzfisch mit Selleriekreme und diversen Zwiebeln. Oder Leng aus der Pfanne mit gebräunter Butter und karamellisierter Zitrone. Bei manchen Gerichten wird informiert, woher der Rohstoff stammt – von welchem Trawler, von welchem Hof. Das Publikum? International, Einheimische eingeschlossen. Tee und Kaffee (hervorragend!) sind preiswert, ebenso wie der Wein des Hauses oder ein vernünftiges Bier – isländisch oder international – zur Happy Hour.
Das Haus empfiehlt, zur Hauptspeise Beilagen zu bestellen; ich kam ohne sie aus. Sie kosten nicht die Welt. An meinem Nähmaschinentisch am Fenster fühlte ich mich wohl, doch mein Gegenüber, hätte es eins gegeben, müsste auf einem Klavierhocker gesessen haben. So ist es eben im Kex: Elemetares wie Matratzen und Essen sind prächtig, anderes wie Beleuchtung oder Sitzkomfort darf scheinbar auch mal auf (wesentlich) jüngere Gäste zugeschnitten sein.
Bar und Restaurant sind von 17 – 22 Uhr geöffnet. Und am Heiligabend gibt es ein Büffet, das sich auf weiter Flur sehen lassen kann. Konzerte und andere Veranstaltungen sind zudem eine Spezialität des Kex, Entsprechendes findet sich u.a. auf Youtube.